Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim nach dem Tod des Erblassers
Die Regelungen des Erbschaftsteuerrechts bieten eine interessante Möglichkeit zur Steuerbefreiung für Kinder des Erblassers, die ein sogenanntes „Familienheim“ erben.
Die Steuerbefreiung tritt in Kraft, wenn der Erblasser die Immobilie bis zu seinem Tod selbst bewohnt hat und das Kind diese Immobilie unverzüglich nach dem Erbfall für eigene Wohnzwecke nutzt. Doch was geschieht, wenn das Familienheim vorübergehend vermietet wird und das Kind nicht sofort nach dem Erbfall einzieht?
Erbschaftsteuerbefreiung für das Familienheim
Ein anschauliches Beispiel: Eine Frau erbt das gesamte Vermögen ihrer Mutter, zu dem auch ein 50%iger Miteigentumsanteil an einem Zweifamilienhaus gehört. Die obere Wohnung des Hauses bewohnte die Mutter zuerst selbst, bevor sie in eine Pflegeeinrichtung umzog, was dazu führte, dass die Wohnung für eine gewisse Zeit leer stand. Um die Kosten für die Pflegeeinrichtung zu decken, schloss die Mutter, unter Beteiligung ihrer Tochter, einen Mietvertrag für die Wohnung mit einer Drittperson ab. Dieser Mietvertrag wurde auf vier Jahre befristet. Nach dem Tod der Mutter war der Mietvertrag noch nicht abgelaufen, und so konnte die Tochter erst nach Ablauf dieser Frist in die Wohnung einziehen. Als sie die Erbschaftsteuererklärung beim zuständigen Finanzamt einreichte, beantragte sie die Steuerbefreiung für das Familienheim. Das Finanzamt lehnte ihren Antrag jedoch ab und begründete dies damit, dass die Tochter für die verzögerte Nutzung der Wohnung aufgrund ihrer Mitwirkung am Mietvertrag verantwortlich sei.
Unverzüglichkeit der Bestimmung zur Selbstnutzung
Das Gericht kam jedoch zu einer anderen Entscheidung. Wenn ein Kind ein bebautes Grundstück von seinen Eltern erbt, kann es unter bestimmten Bedingungen von der Erbschaftsteuer befreit werden. Voraussetzung hierfür ist, dass der Erblasser die Immobilie bis zu seinem Tod zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat und das Kind die Immobilie unverzüglich selbst bezieht. Die Steuerbefreiung gilt auch dann, wenn der Erblasser aus zwingenden Gründen daran gehindert war, die Immobilie selbst zu nutzen. Die Pflegebedürftigkeit des Erblassers wird als solch ein zwingender Grund anerkannt. Selbst wenn der Erblasser in ein Pflegeheim umzieht und seine Wohnung vermietet, verliert die Immobilie nicht ihren Status als Familienheim. Um die Steuerbefreiung zu erhalten, muss das erbberechtigte Kind jedoch die Absicht haben, die Wohnung selbst zu nutzen und dies innerhalb von 6 Monaten nach dem Erbfall realisieren. Ein späterer Einzug führt nicht zwangsläufig zur Ablehnung der Steuerbefreiung, insbesondere dann nicht, wenn das Kind aus zwingenden und unverschuldeten Gründen erst später einziehen kann.
Im vorliegenden Fall sah das Gericht den Zeitmietvertrag als einen solchen zwingenden Grund, da er eine ordentliche Kündigung ausschloss. Die Tochter konnte die Wohnung daher erst nach Beendigung des Mietverhältnisses beziehen. Die Tatsache, dass die Tochter am Zustandekommen des Mietvertrags beteiligt war, wurde vom Gericht nicht als Verschulden ihrerseits angesehen. Infolgedessen wurde die Steuerbefreiung gewährt.
Urteil des Finanzgerichts (FG) München vom 26.10.2022 (Aktenzeichen: 4 K 2183/21)
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