Einflussfaktoren auf den Pflichtteil

Wir erleben häufig, dass versucht wird, durch legale und zum Teil auch illegale Tricks den Nachlass klein zu rechnen. Dies geschieht entweder im schlichten Weglassen von Vermögenswerten Positionen, was sicherlich strafbar ist, oder durch gestalterische Maßnahmen, die der Gesetzgeber in einem gewissen Umfang auch billigt.

Damit der Pflichtteilsberechtigte nach dem Tod des Erblassers nicht einen Nachlass vorfindet, der im Vorfeld durch Schenkungen ausgehöhlt wurde, schützt der Gesetzgeber den Pflichtteilsberechtigten über § 2325 BGB. Im Rahmen dieser Vorschrift werden Schenkungen des Erblassers für die Berechnung des Pflichtteils in einem gewissen Umfang mit berechnet. Grundsätzlich gilt, dass Schenkungen, die der Erblasser getätigt hat, nach zehn Jahren pflichtteilsfest sind und der Enterbte daraus keinen wirtschaftlichen Wert mehr erzielen kann.

Mit Ablauf eines jeden Jahres, welches nach der Schenkung vergeht, soll der Pflichtteilsberechtigte jedoch immer weniger von der Schenkung als Ausgleich erhalten. So schreibt der Gesetzgeber fest, dass eine Schenkung im Jahre 2015 über 100.000,00 € an die Tochter T jedes Jahr um 10 % reduziert wird. Stirbt der Vater nach vier Jahren, so werden 4 x 10 %, also 40 % vom Wert der Schenkung abgezogen, sodass 100.000,00 € – 40.000,00 €, also 60.000,00 € die Berechnungsgrundlage für den so genannten Pflichtteilsergänzungsanspruch des S ist. Von diesen 60.000,00 € würde S dann seine Pflichtteilsquote von ¼, gleich 15.000,00 € erhalten. Stirbt der Vater erst nach 9 Jahren nach der Schenkung, so werden 90 %, also 90.000,00 € vom Wert der Schenkung abgezogen, sodass es nur noch bei einem Betrag von 10.000,00 € verbleibt, von dem dann der S seine Pflichtteilsquote von 25 %, also 2.500,00 € erhält.

Insofern ist aus Sicht des Vaters wichtig, so früh wie möglich zu schenken. Je länger der Vater nach der Schenkung noch lebt, desto geringer fällt der Anspruch des Sohnes aus.

Eine Besonderheit gilt bei Schenkungen an den Ehegatten. Hier normiert der Gesetzgeber, dass die vorgenannte 10-Jahresfrist erst dann zu laufen beginnt, wenn die Ehe geschieden oder anderweitig aufgelöst wird. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung bei Schenkungen mit Gegenleistungen, wie beispielsweise der Einräumung eines Nießbrauchs oder eines Wohnrechts, Folgendes festgestellt: In diesen Fällen geht das wirtschaftliche Eigentum vom Schenker auf dem Beschenkten gerade nicht über. Somit besteht kein Raum dafür, dass zu Lasten des Pflichtteilsberechtigten die 10-Jahresfrist zu laufen beginnt.

Überträgt daher der Vater seiner Tochter T das Mehrfamilienhaus und behält sich die Mieteinnahmen im Wege des Nießbrauchs vor, so spielt es keine Rolle, wann die Übertragung des Mehrfamilienhauses stattgefunden hat. Denn nach der Rechtsprechung des BGH ist das wirtschaftliche Eigentum beim Vater als Schenker geblieben. Eine jährliche 10 %-Abschmelzung findet daher nicht statt.

Hat der Pflichtteilsberechtigte selbst Schenkungen vom Erblasser erhalten, sieht das Gesetz vor, dass der Wert dieser Schenkungen vom Pflichtteilsanspruch des Berechtigten in Abzug gebracht werden kann. Voraussetzung dafür ist, dass gleichzeitig mit der Schenkung dem Beschenkten eine sogenannte Anrechnungsbestimmung mitgeteilt wurde. In der Praxis wird dies – meist im Falle von Grundstücksschenkungen – durch den einfachen Satz „Der Pflichtteilsberechtigte hat sich den Wert der Übertragung auf seinen Pflichtteil anrechnen zu lassen“ umgesetzt.

In jedem Falle führt jedoch eine Schenkung an den Pflichtteilsberechtigten selbst dann zumindest zu einer Verrechnung im Rahmen des so genannten Pflichtteilsergänzungsanspruchs nach § 2325 BGB. Es ist also auch hier immer zu prüfen, ob der Pflichtteilsberechtigte selbst etwas erhalten hat.

Es kommt immer wieder vor, dass die Eltern unter erheblicher nervlicher und zeitlicher Inanspruchnahme durch den Sohn oder die Tochter gepflegt werden. Hat der Erblasser mehrere Kinder und beteiligen sich nicht alle Kinder gleichermaßen an dieser Pflege, so sieht das Gesetz einen Ausgleich zugunsten desjenigen Kindes vor, das die Eltern entweder im Haushalt, Beruf oder Geschäft erheblich unterstützt.

Nach dem Wortlaut des Gesetzes, hier § 2057a BGB, muss die Mitarbeit über einen längeren Zeitraum hinweg erfolgen und so zu einer Vermögensmehrung des Erblassers führen oder sein Vermögen erhalten. Oftmals liegt der Vermögenserhalt auch darin, dass der Erblasser keine weiteren Kosten für Pflegepersonal aufwenden muss. Das Ergebnis bleibt jedoch gleich: Der Abkömmling, der seine Leistungskraft auch seinen Eltern durch seine eigene Mitarbeit zur Verfügung stellt, sorgt dafür, dass das Nachlassvermögen zumindest erhalten bleibt.

Würde nunmehr der Pflichtteilsanspruch ungefiltert geltend gemacht werden, so würde der Pflichtteilsberechtigte von den Pflegeleistungen seines Geschwisterteils wirtschaftlich profitieren. Dies wird weder vom Erblasser noch vom pflegenden Kind gewollt sein. Aus diesem Grunde sind auch hier die Pflichtteilsansprüche um den Wert der Pflegeleistungen zu korrigieren. Dies sorgt in der Praxis für erheblichen Konfliktstoff. Schließlich hat der pflegende Abkömmling den Umfang, die Art und Weise sowie den Zeitraum der Mitarbeit bzw. Pflege ggf. im Rahmen eines Prozesses zu beweisen. Es ist deshalb ratsam, bereits während der Zeit der Mitarbeit bzw. Pflege ein Protokoll zu führen, aus dem diese Daten hervorgehen.

Hat der Erbe keine Verpflichtungen mehr, den Pflichtteil nach § 2325 BGB zu ergänzen, da der Nachlass in dieser Höhe nicht mehr vorhanden ist, kann der Pflichtteilsberechtigte den Beschenkten in Anspruch nehmen. Diese Möglichkeit kommt nur in Betracht, wenn kein Pflichtteilsergänzungsanspruch (mehr) besteht. Bei zeitlich aufeinanderfolgenden Schenkungen haftet in erster Linie der zuletzt Beschenkte. Der frühere Beschenkte haftet nur insoweit, als der später Beschenkte nicht verpflichtet ist. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass sich mit zunehmendem Zeitablauf die Bestandskraft der Schenkung verfestigt. Erfolgt die Schenkung an mehrere Personen gleichzeitig, so haften diese anteilig nach dem Wert der erhaltenen Schenkung. Es liegt auf der Hand, dass in diesem Themenkomplex jeder Beschenkte immer auf den anderen zeigt, sodass häufig erst eine gerichtliche Geltendmachung den Pflichtteilsberechtigten zum Ziel führt.

Im Zuge der vorbereitenden Gestaltung des Erbfalles kommt es vermehrt zu Verträgen, wonach Eltern ihren Kindern das Pflichtteilsrecht abkaufen. Zu beachten ist dabei, dass ein lebzeitiger Pflichtteilsverzicht nur durch notarielle Erklärung Gültigkeit besitzt. Die Vorteile liegen auf der Hand: Einerseits können die Eltern gestalterisch so planen, dass ihnen keine Pflichtteilsansprüche in die Parade fahren. Andererseits hat die jüngere Generation die Möglichkeit, nicht erst bei Ableben des Elternteils und ggf. nach schwierigen Gerichtsverhandlungen einen Teil des elterlichen Vermögens zu erhalten. Auch hier beraten wir in jeder Fallkonstellation.

Entgegen landläufiger Meinung hat der Gesetzgeber für die Entziehung des Pflichtteils hohe Hürden gesetzt. So ist sicherlich nicht ausreichend, wenn das Kind die Elternteile nicht mehr besucht oder jeglichen Kontakt abbricht. Nach § 2333 BGB muss das Kind entweder dem Erblasser oder seinen nahen Angehörigen oder einer ähnlich nahe stehenden Person nach dem Leben trachten, gegen eine solche Person ein Verbrechen oder vorsätzlich schweres Vergehen begehen oder böswillig die Unterhaltspflicht verletzen oder wegen einer Vorsatzstraftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens 1 Jahr ohne Bewährung verurteilt werden. Zu beachten ist dabei, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Tatsachen, die den Entziehungsgrund rechtfertigen, hinreichend präzise bereits im Testament beschrieben werden müssen, sodass für einen Dritten in verständlicher und nachvollziehbarerweise die Entziehung des Pflichtteils auf der Hand liegen sollte. Unpräzise Formulierungen und Beschreibungen allgemeiner Natur werden nicht zu dem gewünschten Erfolg der Pflichtteilsentziehung führen.

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